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Corona hat mir meine Freunde genommen (24.02.2021 13:03:54)

Doch das sollte so nicht bleiben:

Der erste harte Schlag den mir Corona verpasst hat, war im April, der Freund meiner besten Freundin wurde ins Koma gelegt, und wir bangten jeden Tag.  Doch das ist eine andere Geschichte, denn auch wenn es schon näher war als zuvor, war es dennoch irgendwie unrealistisch!

Doch im Mai und Juni veränderte sich mein Leben komplett!

Meine beste Freundin wurde krank, sie war extrem müde, kraftlos, hatte Durchfall und hämmernde Kopfschmerzen, bekam schwer Luft, besonders wenn sie auf dem Rücken lag. Fieber hatte sie komischerweise nur zwei Tage und auch nur leicht. Gerade mal 38,3 Grad, was eigentlich nicht wirklich extrem ist. Nach ein paar Tagen waren die Kopfschmerzen und der Durchfall weg und die Atembeschwerden auch kaum noch, jedoch blieb die Müdigkeit. 

Leider wollte sie nicht zum Arzt gehen, denn schließlich war sie ja seit drei Jahren alleinerziehend, da der Kindsvater verstorben war. 

Doch zu der Müdigkeit kam ein Brennen im Magenbereich hinzu, welches sich verschlimmerte . Alle hatten wir eigentlich nur den Stress, den der Vermieter mit seinem Stalking verursachte, sowie die Sorge um ihren Freund und dessen Familie als Grund für das „Sodbrennen“. 

Das wir uns damit absolut irren sollten, wurde uns knapp zwei Wochen später bewusst.

Da es meiner Freundin noch immer nicht wirklich besser ging, und der Vermieter sie kontrollierte ob, wie und wann sie zuhause ist, beschlossen wir, dass sie mit ihren Kindern zu mir kommt, damit sie sich einfach ausruhen kann und zur Ruhe kommt.

In der ersten Nacht war sie sehr unruhig und konnte kaum schlafen, und das Brennen in der Brustmitte wurde stärker, so dass ich sie am Abend drängte, endlich zum Arzt zu gehen. 

Gegen 21 Uhr ging sie dann zu den Kindern in das oberste Stockwerk, unterhielt sich noch mit meinem Sohn und sah mit ihnen einen Film in seinem Zimmer.

Dann plötzlich ein markdurchdringender Schrei, die Kinder schrien nach mir. Ich stürmte die Treppe hinauf, zwängte mich an den panischen Kindern vorbei und sah meine Freundin mit dem Kopf auf der Schulter meines Sohnes. Zuerst versuchte ich mir einen Überblick über die Situation zu verschaffen. Ok, erst mal stabile Seitenlage, die Kinder aus dem Zimmer und Notarzt verständigen.

Alles lief nur noch wie in Trance ab: 

die Kinder beruhigen,  und anordnen, dass sie den Raum nicht verlassen dürfen bis ich sie hole, meinen Sohn hab ich als Aufpasser abgesetzt. Mein Mann hatte die Aufgabe unten zu warten und den Sanni einzuweisen und hoch zu führen!

Dann bemerkte ich dass etwas ganz und gar nicht mehr stimmt: ich tastete nach dem Puls am Handgelenk, nichts! Am Sprunggelenk, nichts! An der Leiste, nur ganz schwach, verdammt, ich muss reanimieren…. Ich zog sie behutsam auf den Boden

Verdammt, wo bleibt der Sanni? Hoffentlich kommen die Kinder nicht ins Zimmer!

Ein Lied für den Takt, und immer schön im Takt pumpen! Wo verdammt nochmal bleibt der verdammte Sanni?

Endlich kamen die „Ersthelfer vor Ort“….

Eine Stimme: „können sie noch reanimieren? Wir haben hier ein Herzstillstand! Hol den Defi, schnell“

Ich hab eigentlich nur noch gehandelt und nichts mehr gedacht oder registriert! Ich bekam alles nur noch schemenhaft mit „weg von der Patientin“ ich stand da und sah nur den Körper von dem Elektroschock zucken, dann die Frage: „können sie nochmal reanimieren?“ 

Ein Zugang wurde gelegt und ein Tropf angehängt, die zweite Helferin hängte eine Infusion an!

Ich knie mich wieder zwischen die Beine und begann wieder mit dem drücken, und wieder der Befehl „weg von der Patientin“ ich stand da, und sah das geschehen! In der Zwischenzeit war nun auch der Notarzt da, eine Diskussion: wir müssen die Feuerwehr rufen um die Patientin hier rauszubekommen!  Auf dem Monitor war ein Herzschlag zu sehen, gut so! 

Dann „verdammt, wieder flimmern! Reanimieren!“ und wieder kniete ich auf dem Boden und begann zu drücken. Der Notarzt spritzte ein Medikament…Sirenen,ok Feuerwehr!

Und dann sagte der Notarzt: „Nichts zu machen, es ist vorbei, Todeszeitpunkt 23 Uhr 43“

Ich stand auf, starrte auf meine Freundin „warum? Warum hast du nicht auf mich gehört?....Was sag ich jetzt den Kindern?“ 

Alles fühlte sich so komisch an, mein Hals war wie zugeschnürt, mein Kopf brannte, mein Gesicht wurde ganz heiß und brannte. Irgendwer gab mir einen Zettel in die Hand und ich ging nach unten in die Küche und zündete mir eine Zigarette an. Ich fühlte mich wie in Watte gepackt, mein Körper war ganz taub, meine Arme waren schwer wie Blei und mein Rücken schmerzte höllisch. Mein Mann kam in die Küche und sah mich an: „Nein! Sag mir das das jetzt nicht wahr ist!“  Ich sah auf, und bat ihn nur , die Leute hinauszubegleiten.

Zitternd ging ich dann doch mit zur Haustüre: „Was passiert jetzt eigentlich noch?“ 

Die Leiche muss jetzt bis Morgen früh liegen bleiben und ein Arzt nimmt noch die Leichenschau vor, meistens macht das der Hausarzt, wir können ihnen noch das Kriseninterventionsteam schicken für die Kinder“

Ich bedankte mich noch, obwohl ich nicht einmal ein Beileid zu hören bekam! 

Ok, ich muss es den Kindern sagen! 

Ich hab noch einen gemeinsamen Freund von meinem Sohn abholen lassen, damit er für den Jungen  meiner Freundin da ist. Er hat den besten Draht zu dem Jungen, weil dieser seit dem Tot seines Vaters ziemlich verschlossen war.

Ich wartete noch bis er kam, rauchte eine Zigarette nach der anderen, dann ging ich nach oben und holte die Kinder ins Wohnzimmer! Nun saßen dort die beiden Mädels und der Sohn meiner Freundin, meine drei Mädels, mein Mann und Ich. Dann kam endlich mein Sohn und unser gemeinsamer Freund und ich fing an zu erklären, dass die drei nun ohne Mama sind.  Wir saßen sehr lange da und redeten, bis endlich die Frau vom Kriseninterventionsteam kam.  

Ich wusste erst mal gar nichts, ich konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, und ging in die Küche. Zwischenzeitlich hatte mein Mann Kaffee gemacht und ich setzte mich hin und trank Kaffee und rauchte eine.  Ich saß gefühlte Tage da und blickte auf meine Hände, meine Schultern begannen zu brennen, meine Knie stachen bei jeder Bewegung und mein Rücken fühlte sich an als würde ich einen tonnenschweren Rucksack tragen. Mittlerweile war es 6 Uhr und ich nahm mein Handy und rief den Pfarrer an, leider war er nicht erreichbar und nur der Gastpfarrer war zu erreichen. Er versprach bald zu kommen. Dann nahm ich den Zettel in die Hand, den ich vom Notarzt in die Hand gedrückt bekam und las was darauf stand. Irgendwie war es, als würde ich einen schlechten Roman lesen. Ich las irgendwas mit Notrufeingang um 22.46 Uhr, eintreffen 23.26 Uhr, und irgendwas mit „Reanimation lief bei eintreffen durch Frau T.“ und Todeszeitpunkt 23.43 Uhr. Um 7 Uhr rief ich dann in der Praxis an und erklärte was passiert war, leider war auch die Ärztin nicht erreichbar, da sie weitere Notfälle in der Umgebung hatte und man versprach mir, dass sie sich bei mir umgehend melden wird. Um halb acht kam dann der Anruf, dass die Ärztin direkt auf dem Weg ist. 

Kurz darauf war sie da und hörte nochmal ab und schaute sich meine Freundin von allen Seiten an. Ich stand im Raum und betrachtete sie aus der Ferne, sie sah aus, als würde sie schlafen. Im Zimmer war ein Fenster geöffnet und durch den leichten Wind bewegten sich ihre Haare. Irgendwie sah es so aus, als würde sie atmen. Das war aber nur mein Wunschdenken, was mir hier etwas vorgaukelte. Die Ärztin fragte natürlich was passiert war und ich schilderte ihr den Teil bevor ich mit der Reanimation begann. Und sie versicherte mir, dass ich nichts falsch gemacht habe, sie aber trotzdem die Polizei verständigen muss, weil meine Freundin nicht ihre Patientin war. Ich war entsetzt, denn bei welchem Arzt soll sie dann gewesen sein? Die Ärztin rief noch den Kollegen an und fragte ob sie dort als Patientin war, aber auch nichts. 

Gut, sie war eigentlich kaum krank gewesen, war auch nie im Krankenhaus, außer zur Geburt ihrer Kinder. Sie war Fit und zeigte auch nie irgend ein Anzeichen, nicht einmal Grippe hatte sie in den letzten Jahren gehabt. Auch die älteste Tochter sagte, dass sie nie zuvor Krank oder schlapp gewesen wäre.  

Da sie ja zwei Tage zuvor zu mir kam, hatte sie für sich und die Kinder die wichtigsten Sachen und Papiere dabei. Ich durchsuchte ihre Sachen um noch herauszufinden, bei welchem Arzt sie war, aber leider war der letzte Arztbesuch viel zu lange her.

Also musste sie tatsächlich die Polizei anrufen, so wie es vorgeschrieben ist, denn sie durfte keinen Totenschein ausstellen, ohne dass diese Amtlich betätigt wird.  „Ich möchte dass sie heute noch in meine Praxis kommen, wenn alles hier vorbei ist“ verabschiedete sie sich und ging wieder.

Also kam in der Zwischenzeit die Polizei mit einem Amtsarzt und stellte den Totenschein aus. Dann rief mich die Dame vom Jugendamt an und ich diskutierte einige Zeit mit ihr, wegen der Kinder. Sie erlaubte erst mal die Kinder bei mir zu lassen, doch das gefiel einem der beiden Polizisten nicht, denn sie waren der Meinung, das mein Haus Verwahrlost sei. 

Klar war es etwas Chaotisch und ich habe verdammt nochmal nicht aufgeräumt! 

Es standen drei Tassen mit Kaffee da, ich hatte auch ein wenig Kaffee verschüttet, es lagen die Sachen meiner Freundin auf dem Boden, weil ich Unterlagen gesucht hatte und dabei verdammt nochmal nicht darauf geachtet, dass ich die Sachen nicht wieder ordentlich zusammenlege und in die Taschen packe, zudem waren im Wohnzimmer 8 Personen auf der ausgezogenen Schlafcouch, Decken für die Kinder und die Klamotten der Kinder auf dem Boden und ein Paar Trinkbecher und Limoflaschen auf dem Tisch! In meinem Esszimmer standen auch noch 11 Taschen mit Klamotten und Spielsachen von meiner Freundin und deren Kinder! Ja ich habe es nicht aufgeräumt, und ja es war ein wenig Chaotisch nach dieser schrecklichen Nacht! Aber Entschuldigung, dass ich in diesem Moment einfach nur einen komplett vollen Kopf hatte und nicht wusste wie mir gerade geschieht!

Haben diese Herren eigentlich darüber nachgedacht, was sie mir da zum Vorwurf machen? Nein!

Sie haben dann ganz dreist beim Jugendamt angerufen und gefordert, dass alle Kinder in Obhut zu nehmen wären.

Als ob ich nicht schon genug Belastung hätte, musste ich jetzt auch noch dafür kämpfen und mich rechtfertigen, damit meine Kinder nicht noch mehr gestraft werden.

Zum Glück, hatte ich dann zu der einen Dame einen sehr guten Draht, so dass man mir nicht auch noch meine Kinder nahm! Niemand schien nachzuempfinden was für mich diese Nacht war! 

Ich verlor in dieser Nacht ein Teil meines eigenen Herzens und quälte mich mit der Frage, ob ich einen Fehler gemacht habe! Ob ich zu spät mit der Reanimation angefangen hatte, hätte hätte ich vielleicht früher anfangen müssen,hab ich zu früh angefangen und es verschlimmert,hab ich ein Anzeichen zu spät gesehen,hab ich etwas gesehen was gar ncht war?  Warum sie und nicht ich, wo ich doch so viele Vorerkrankungen habe und sogar ein kaputtes Herz! 

Und wie komme ich auf Corona? Wurde ja nie getestet und nie festgestellt! 

Die Kinder haben Antigene im Körper, also müssen sie den Virus gehabt haben, und die Symptome, die sie hatte, passen ebenfalls zu Covid19 ! Nur dass sie nicht auf der Intensivstation war und sie ein paar Wochen nach ihren Symptomen an einem Herzversagen starb!

 
 

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